Inhalt der Ausgabe 02/2001
Inhalt
Aufsätze
Auf die Frage "Wie viele Fassungen entstehen bei einem Text?" antwortete der Schriftsteller Peter Bichsel: "Weiß ich nicht. Das Wort Fassungen trifft nicht zu. Bei mir gibt es keine erste Fassung, die dann sozusagen endgültig ist, oder zweite. Es ist ein dauerndes Dranrumarbeiten und Ändern von Kleinigkeiten" (Koelbl1998: 40). Ein Blick auf die "Erstfassungen" der Manuskripte wie die von Bichsel, Grünbein oder Tawada zeigt, dass Schreiben ein permanenter Prozess des Umschreibens, Weiterschreibens, Ergänzens, Weglassens – kurz: des Überarbeitens ist. Zu einem (vorläufigen) Ende kommen diese Schriftsteller erst, nachdem sie selbst ihre Texte mehrfach kritisch gesichtet und redigiert oder einem "ersten Rezensenten", meist einer vertrauten Person, zur liebevoll-kritischen Durchsicht überlassen haben.
Dem Leser wird bereits aufgefallen sein, dass wir dem Subjekt in Bezug auf die Verbvalenz wenig Bedeutung zumessen bzw. es meist nicht in die Valenznotierung mit aufnehmen, wie es in der Darstellung der Satzbaupläne (z. B. in den gängigen Valenzwörterbüchern) üblich ist. Vielmehr teilen wir den Satz, wie von Aristoteles bis Chomsky postuliert, zunächst in Subjekt und Prädikat (bzw. NP und VP) ein - eine binomische Beschreibung, der zuweilen der Status einer Universalie zugesprochen wird. Allerdings wird bei einer solchen Zweiteilung des Satzes in "Gegenstand der Rede" und "Aussage" nicht immer expliziert, ob bei der ersten Konstituente das syntaktische Subjekt (im Deutschen realisiert mit der nominativischen Nominalphrase) oder das pragmatische "Subjekt" (Satzthema) gemeint ist.
Betrachtet man die vergleichsweise junge Forschungsgeschichte der Textlinguistik, so haben einige Grammatikautoren erstaunlich rasch reagiert und ein Textkapitel in ihre Grammatik integriert. Die ersten Textkapitel m deutschen Grammatiken gab es Ende der 80er Jahre, d. h. ca. 20 Jahre nach der Geburt dieser Wissenschaftsdisziplin. Bereits an dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass das verbindende Element dieser Textkapitel in verschiedenen Grammatiken im Grunde genommen nur in der Tatsache besteht, dass sie sich mit dem Text beschäftigen. Dass die jeweiligen Autoren bei der Auswahl der zu behandelnden Phänomene sehr unterschiedlich vorgegangen sind, lässt sich dadurch begründen, dass sich die Textlinguistik noch nicht auf ein einheitliches theoretisches Konzept stützt.
Anstoß für diesen Diskussionsbeitrag sind offenkundige Unklarheiten und Unsicherheiten darüber, was unter "angewandter Sprachwissenschaft" (= AS) (bzw. "applied linguistics") zu verstehen sei. Das Etikett AS wird - zumeist von ihren Vertretern - in unterschiedlichen Kontexten in Anspruch genommen, z. T. unreflektiert, z. T. auch in verschieden weitem oder engem Sinne. Deshalb soll im Folgenden versucht werden, ein wenig "Licht" in dieses Umfeld zu bringen und nach dem disziplinären (oder interdisziplinären) Ort zu fragen, an dem die AS anzusiedeln wäre.
Im vorliegenden Artikel werden Teilergebnisse der Habilitationsschrift (Neuber 2000) vorgestellt und auf mögliche Belange des DaF/DaZ-Unterrichts übertragen.
Diskussion von Lehrmaterialien
Die Diskussionen um die Rolle literarischer Texte im Fremdsprachenunterricht, die in den 80er-Jahren geführt wurden, sind heute merklich abgeflaut. Die Euphorie der Gründungsphase etwa der interkulturellen Germanistik, als man in der Beschäftigung mit der deutschsprachigen als einer fremden Literatur noch den Königsweg zu einem "Wechseltausch der Kulturen" (Wierlacher) sehen wollte, hat heute einer gewissen Nüchternheit Platz gemacht, die aber der Sache durchaus zugute kommt. So hat sich Edmondson schon 1991 auf dem 14. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung mit guten Argumenten dagegen ausgesprochen, der Literatur im Fremdsprachenunterricht eine Art Sonderstatus zuzusprechen (vgl. Edmondson 1993).
Miszelle
Weltweit ist ein anhaltend starkes Interesse an wirtschaftlich orientiertem DaF-Unterricht zu beobachten. Das trifft insbesondere auch auf die östlichen Nachbarländer der Bundesrepublik Deutschland zu, die sich auf sprachliches Handeln in der Kooperation mit deutschen Partnern vorbereiten wollen. Obwohl Englisch in Polen wie in anderen Ländern die wichtigste Handelssprache ist, verzeichnet man ein zunehmendes Interesse auch an der deutschen Sprache (vgl. Sehröder 1994). Besonders Unternehmen, die aktiv auf dem EU-Markt sind bzw. sein wollen, bevorzugen Mitarbeiter, die neben Englisch auch Deutsch beherrschen.
Rezensionen
StudienVerlag, lnnsbruck/Wien 1998, 232 S., 36,80 DM (ide extra, 6)
Langenscheidt Verlag, Berlin u. a. 1998, 240 S., 32,90 DM (Fremdsprachenunterricht in Theorie und Praxis)
Gunter Narr Verlag, Tübingen 1998, 335 S., 69,00 DM (Gießener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik)
Wydawnictwo Naukowe Uniwersytetu im. Adama Mickiewicza, Poznali 1999, 250 S.
Stauffenburg Verlag, Tübingen 1999, 390 S., 148,00 DM (Studien zur deutschen Grammatik, 60)
Wydawnictwo UG, Gdarsk 1998, 207 S.
Verlag Russkij Jazyk, Moskau 1998, 330 S.
Westdeutscher Verlag, Opladen/Wiesbaden 1999, 410 S., 49,80 DM (Studienbücher zur Linguistik, 2)
Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg 1999, 197 S., 68,00 DM
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