Ingo Warnke, Wege zur Kultursprache. Die Polyfunktionalisierung des Deutschen im juridischen Diskurs (1200–1800), Walter de Gruyter, Berlin, New York 1999 (Studia Linguistica Germanica 52), XV und 467 Seiten
Ingo Warnke liefert mit diesem Buch, seiner Kasseler Habilitationsschrift, ein ehrgeiziges Werk:
Die Wissenschaftsgeschichte der Germanistik zeigt, daß die zentralen sprachgeschichtlichen Fragestellungen des Faches selten aus der vergangenheitsgebundenen Perspektive auf abgeschlossene Kommunikationsverhältnisse resultieren, sondern zumeist aus der Aktualität jeweils gegenwärtiger sprachlicher Konstellationen und der Suche nach deren Antezedenzien (S. 1).
Warnke setzt sich also von einem nicht näher benannten und beschriebenen Teil der „Germanistik“ ab, sieht seine „Perspektive“ nicht „vergangenheitsgebunden“, sondern unternimmt vielmehr den „Versuch der Herleitung gegenwärtiger sprachlicher Sachverhalte durch die Perspektive auf deren historische Gewordenheit“; ihm geht es also um die „Suche nach Kausalgesetzen des Sprachwandels“ (S. 1). Abgesehen davon, dass mir die Opposition ‚vergangenheitsgebunden‘ vs. ‚gegenwartsbezogen‘ nicht ganz einleuchten will – ich sehe in Warnkes Vorgehen nichts, was mir den Unterschied sichtbar machen könnte –, frage ich mich, z.T. in Anschluss an Eugenio Coseriu, ob es in der Sprachgeschichte, ja in den so genannten Geisteswissenschaften insgesamt, überhaupt Kausalitäten oder gar „Kausalgesetze“ gibt oder ob man in diesen Bereichen nicht besser von ‚Finalitäten‘ und keinen Gesetzen spricht. Sprachwandel ist immer ein in die Zukunft gerichteter Optimierungsprozess, indem eben Sprache oder/und Sprachverwendung sich neuen Gegebenheiten anpassen (müssen).
Seiten 145 - 148
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2005.01.15 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 1 / 2005 |
Veröffentlicht: | 2005-01-01 |