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Konrad Kirsch: Die Masse der Bücher. Eine hypertextuelle Lektüre von Elias Canettis Poetik und seines Romans „Die Blendung“, Konrad Kirsch Verlag, Sulzbach 2006.

Elias Canetti hat in seinem einzigen Roman „Die Blendung“ die Geschichte seines Helden, des Sinologen Kien, durch mehrere Parallelerzählungen selbst gedeutet. So erzählt er im Kapitel „Ein Irrenhaus“ von der gescheiterten Beziehung des Schmieds Jean Préval zu seiner Frau Jeanne, die mit einem jüngeren Mann, dem Sergeanten Delboeuf, durchgebrannt ist. Damit soll das zentrale Geschehen des Romans, die Ehe Kiens mit der Haushälterin Therese, die ebenfalls ein böses Ende nimmt, in einem neuen Licht erscheinen. Denn auch der Wissenschaftler wird durch die Verbindung mit einer Frau aus seiner Bahn geworfen. In ihrer Ratlosigkeit verbrennen beide Männer ihr Liebstes, der Irre sein Heimatdorf und der Sinologe seine Bibliothek und sein Haus. Zudem wird die Geschichte des Schmieds im Roman mit einer mythischen Folie hinterlegt, indem sie mit der homerischen Anekdote parallelisiert wird, Vulkan habe die ihn mit dem Kriegsgott Mars hintergehende Venus in einem fein geschmiedeten Netz gefangen und der Lächerlichkeit preisgegeben. Während die Erzählung von dem Schmied, der durch die Untreue seiner Frau wahnsinnig geworden ist, die Anfälligkeit der scheinbar rationalen Existenz des Sinologen für die Unvernunft des Triebes aufdecken soll, taucht der Mythos vom Ehebruch der olympischen Götter, der in einem homerischen Gelächter endet, das Unglück des armseligen Dorfschmieds in ein ironisches Licht.

Seiten 305 - 308

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2009.02.11
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1868-7806
Ausgabe / Jahr: 2 / 2009
Veröffentlicht: 2009-07-27
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Dokument Konrad Kirsch: Die Masse der Bücher. Eine hypertextuelle Lektüre von Elias Canettis Poetik und seines Romans „Die Blendung“, Konrad Kirsch Verlag, Sulzbach 2006.