Inhalt der Ausgabe 04/2021
Inhalt
Aufsätze
Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung gehören zu den drängenden globalen Zielen unserer Zeit. Als interdisziplinäres und vielschichtiges Thema ist Nachhaltigkeit auch für die angewandte Linguistik hochrelevant – sei es mit Blick auf die diskursive Debattenkultur, neue mediale Formen der Partizipation oder Formen der Wissenskommunikation, wie die international entstandene Nachhaltigkeitskommunikation in Wirtschaft und Politik.
Themen wie der Klimawandel und seine Auswirkungen oder nachhaltiges Leben und Wirtschaften stellen die internationale Gemeinschaft vor globale Probleme. Nichtsdestotrotz finden Diskurse vielfach zunächst in Einzelsprachen statt bzw. werden in solchen greifbar – vor oder parallel zu einer sprachübergreifenden Diskussion. Es ergeben sich Konflikte, die teils übereinstimmend in den Diskursausschnitten verschiedener Sprachen zu finden sind, teils spezifisch für bestimmte Sprachen oder Kulturen erscheinen. Am Beispiel des umstrittenen Frackingverfahrens zeigt dieser Beitrag auf, wie eine sprach- und kulturvergleichende Diskursanalyse mit besonderem Blick auf Agonalität zu einer solchen internationalen Herausforderung durchgeführt werden kann. Agonalität wird dabei als Wettstreit zwischen verschiedenen Diskurspositionen und als grundlegendes Charakteristikum von Wissensdiskursen verstanden. Die aus diesen Positionen eruierten Konflikte können verglichen werden, was einen tieferen Einblick in Unterschiede zwischen diskursiven Aushandlungen ermöglicht.
Vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen zeichnet der Beitrag nach, wie sich das Verständnis und die Aufgaben von Wissenschaftskommunikation verändert haben, um den Ort zu bestimmen, an dem neue, partizipative Formate der Wissensproduktion entstanden sind, die etablierte Grenzziehungen zwischen interner und externer Wissenschaftskommunikation unterschreiten. Mit Bezug auf die transdisziplinäre Forschung wird daran anschließend exemplarisch dargestellt, inwiefern Sprache und Kommunikation konstitutiv sind für die Integration und Koproduktion von Wissen im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung. Da bisher keine empirischen Untersuchungen zu partizipativen oder transdisziplinären Formen der Wissensproduktion aus linguistischer Perspektive vorliegen, wird ausgehend davon ein Rahmen für die künftige Erschließung skizziert. Mit Bezug auf das normative Leitbild der Nachhaltigkeit ist die Linguistik hierbei u. a. aufgefordert, sich selbst als transformative und engagierte Wissenschaft zu positionieren.
Argumentative Stützungen von diskursiven Geltungsansprüchen spielen im Rahmen von Diskursanalysen zu gesellschaftlich verhandelten Themen, wie ökologische Nachhaltigkeit, eine wichtige Rolle. Im vorliegenden Beitrag, der einen zentralen Aspekt der großangelegten diachronen Studie von Schwegler (2018) fokussiert vorstellt, wird ein diskurslinguistischer Ansatz zur Erfassung von Argumentationen und Werteverständnissen dargelegt, der Argumentgruppen inhaltlich bzw. thematisch unterscheidet – d. h. nicht mikro- oder makroformal analysiert – und gleichzeitig mittels eines framesemantischen Ansatzes über eine Argumentationsanalyse auf mittlerer Abstraktionsebene hinausgeht. So kann auch für vermeintlich konsensuelle Bereiche aufgedeckt werden, wie Konflikte latent innerhalb zentraler argumentativer Begriffe liegen. Identifizierte Argumentgruppen, wie hier beispielhaft Gerechtigkeit, sind dabei nicht genuin diskursspezifisch, spezifisch sind vielmehr die Kombinationen der Werteverständnisse, d. h. die Arten von Gerechtigkeit, an die argumentativ appelliert wird.
Der zumeist appellativ ausgerichtete Diskurs um Nachhaltigkeit ist zunehmend von Multimodalität geprägt. Auf diese Entwicklung reagiert der vorliegende Beitrag mit methodischen Überlegungen zur Analyse multimodaler Performances als Repräsentanztexte dieses Diskurses. Dabei orientiert er sich an Ansätzen der multimodalen Interaktionsanalyse und arbeitet an zwei Beispielen – Rezos Youtube-Video „Die Zerstörung der CDU.“ und die documenta-Performance „Ecosex Walking Tour“ – die komplexe Konstituierung appellativer Muster heraus. Damit soll ein Beitrag zur Ausdifferenzierung der linguistischen Analyse des Nachhaltigkeitsdiskurses geleistet werden.
Unsere Gesellschaft ist stark von Automobilität geprägt. Das drückt sich auch im Sprachgebrauch aus. Viele Metaphern des Autofahrens haben sich als Kollektivsymbole in unsere Alltagssprache eingenistet. Dies wird – nach der Einleitung – in Abschnitt 2 veranschaulicht. Andererseits ist der motorisierte automobile Individualverkehr ein Hauptverursacher der Klimakrise und weiterer ökologischer Probleme. Mit diesem Spannungsverhältnis befasst sich der Artikel aus der Perspektive einer Kritischen Diskursanalyse, die ökolinguistisch ausgerichtet ist und sich als Angewandte Linguistik versteht. Dieser theoretische und methodische Zugang wird in Abschnitt 3 umrissen. Ziel meiner Diskurskritik ist es, einen Beitrag zur Erhöhung des ökologischen Bewusstseins zu leisten.
Besonders auf der Wortebene wird deutlich, dass die bioethische Dimension beim Nachhaltigkeitsdiskurs mitgedacht werden muss, wenn nämlich etwa in fachvermittelnden Kommunikationssituationen bioethische Termini in Fragen von Gesundheit und Wohlergehen zwischen fachlichen Experten sowie interessierten und informierten Laien diffundieren. Im Zentrum dieses Beitrags steht daher beispielhaft die Verwendung von bioethischer Terminologie. Durch korpuslinguistische Methoden werden typische Verwendungsmuster von Terminologie ermittelt und miteinander verglichen. Als Grundlage dient das Bioethikkorpus der TU Darmstadt. Zunächst wird dafür der sprachgebrauchsbasierte sowie korpuslinguistische Ansatz für die Terminologieforschung vorgestellt, eingeordnet und motiviert. Daran anschließend wird die korpuslinguistische Methode expliziert.
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